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„Zum Binderlenz“ - Revitalisierung eines Jurahauses

Die Altmühl – nordöstlich von Rothenburg o. d. Tauber entspringend und bei Kelheim in die Donau mündend - so könnte man diesen bayerischen Fluss beschreiben. Doch das würde seinem Einzugsgebiet und der umgebenden Kulturlandschaft nicht gerecht.

Überregional bekannt ist das Altmühltal durch den Naturpark Altmühltal und die im Raum Solnhofen abgebauten Plattenkalke mit ihren zahlreichen Fossilienfunden.

Bei einer Wanderung durch den Altmühljura fällt in vielen Orten ein besonderer Haustyp auf: das sogenannte „Jurahaus“.

Die dicken Wände sind massiv aus Kalkbruchsteinen gemauert - teilweise mit Fachwerk und mit relativ kleinen quadratischen Fensteröffnungen. Die Baumaterialien stammen immer aus der näheren Umgebung: Stein, Holz, Lehm und Kalk. Allen Häusern gemeinsam ist das flache, selten mehr als 30 Grad steile Dach, das mit Kalkplatten gedeckt ist, den sogenannten „Legschiefern“.

„Das Jurahaus ist wie ein Fels, eine Arche, eine grandiose Antwort auf eine grandiose Landschaft“ – so beschreibt der Landschafts- und Architekturkenner Dieter Wieland diese wehrhaften Bauten in seiner Fernsehserie „Topographie Bayerns“.

Belegt ist dieser Baustil schon ab dem 12. Jahrhundert und war bis nach dem Zweiten Weltkrieg die vorherrschende Bauweise im Altmühlgebiet: ein System, das bei regelmäßiger Pflege Jahrhunderte überdauerte.

Doch die Liberalisierung der Bauvorschriften und die Verfügbarkeit von industriell gefertigten und billigen Baustoffen führten, wie leider in so vielen Regionen mit individueller Baukultur, zum Niedergang dieser Architektur. Modernere und vermeintlich bessere Bauweisen waren angesagt und die vorhandenen historischen Jurahäuser wurden dem Verfall preisgegeben oder bewusst abgerissen.

In Kinding, einem Markt im oberbayerischen Landkreis Eichstätt, steht ein solches Haus noch im Ortskern - und zwar seit 1581, wie dendrochronologische Untersuchungen ergaben.

Nach über 400 Jahren und langem Leerstand befand sich das Anwesen mit dem Hausnamen „zum Binderlenz“ in einem baufälligen Zustand.

Doch das schreckte die Familie Sammiller nicht ab, immerhin betreibt die Hoteliersfamilie auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Hotel Krone, zurückgehend bis ins Jahre 1890.

Nach dem Kauf im Jahr 2012 dauerte es noch einmal fast zehn Jahre, bis die Sanierung abgeschlossen war. Vorausgegangen waren aufwendige Voruntersuchungen als Grundlage für die Restaurierung. Der beauftragte Restaurator legte unter anderem mehr als 20 Farbschichten an den Wänden frei.

Hinzu kam das Warten auf die Zusage von Fördermitteln, und sogar ein Notdach musste zwischenzeitlich undichte Stellen schützen.

Doch die Geduld hat sich gelohnt. Entstanden ist ein Schmuckstück mit zwei Nutzungsmöglichkeiten: im Erdgeschoss als Tagungs- und Veranstaltungsraum und im Obergeschoss als wunderschöne Ferienwohnung, in der man die vielfältigen Freizeitmöglichkeiten in dieser herrlichen Urlaubsregion nutzen kann.

Betritt man das Haus durch die hölzerne Eingangstür, offenbart sich der für Jurahäuser typische breite Flur, der mit original erhaltenen Solnhofener Platten ausgelegt ist. Von ihm gehen alle weiteren Räume ab.

Zur linken Hand gelangt man in die Wohnstube, dem Schmuckstück des Hauses. Unter dicken Putzschichten verbarg sich hier die bauzeitliche Bohlendecke, die im Zuge der Sanierung freigelegt und sorgsam aufgearbeitet wurde.

Ein in der Nähe von Treuchtlingen gefundener Kachelofen aus dem Jahr 1802 wurde restauriert und kann nun zur Beheizung der Stube genutzt werden. Sein Rauchrohr führt durch die Wand direkt in die Rußkuchl, das Herzstück des Denkmals.

Bei der Rußkuchl handelt es sich um einen offenen, als Gewölbe gemauerten Rauchabzug, durch den auch die Abgase der beiden anderen Feuerstätten - dem Küchenherd sowie dem Backofen - über einen sich anschließenden sogenannten „Deutschen Kamin“ über das Dach abgeführt werden. Hier wurde früher auch geräuchert.

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Die Erhaltung der Rußkuchl in ihrer alten Funktion war den Eigentümern besonders wichtig, um den Besuchern die traditionelle Art des Kochens zu zeigen.

Zwei weiteren Zimmer im Erdgeschoss sind das ehemalige Schlafzimmer im vorderen Bereich, welches jetzt als Büro genutzt werden kann, und der als Tagungsraum nutzbare ehemalige Stall im hinteren Bereich.

Der Zugang zum Obergeschoss erfolgt über die original erhaltene Treppe, der typische hohe Kniestock ermöglicht eine großzügige Raumnutzung. Ursprünglich bestand der Dachboden nur aus zwei Räumen, der Sommerstube und dem Speicher. Für die in den 1950er Jahren eingebaute Hopfendarre wurden leider Teile des Dachgebälks entfernt, was zu einer erheblichen Schwächung der Dachkonstruktion führte, hinzu kamen Fäulnisschäden durch eingedrungenes Wasser.

Erhebliche restauratorische Zimmererarbeiten waren notwendig und es erfolgte eine Dämmung und Neueindeckung, selbstverständlich wieder mit Kalkplatten. Ausgeführt von einem der wenigen lokalen Betriebe, die dieses Handwerk noch beherrschen.

Unter dem alten Dach ist eine einzigartige Ferienwohnung entstanden, die großzügig und trotz kleiner Fenster und fehlender Gauben durch die helle Gestaltung lichtdurchflutet und einladend wirkt. Unter der neuen Holzschalung erstreckt sich eine großzügige Galerie, die einen interessanten Kontrast zu den vorspringenden Dachsparren aus der Erbauungszeit bildet.

Weitere Highlights sind die eingebaute Sauna sowie die angestrahlte, in Szene gesetzte steinerne Kuppel der Rußkuchl.

Wir bedanken uns herzlichst bei Famillie Sammiller und dem Hotel Krone dafür, dass wir die Bilder nutzen dürfen. Ferienwohnung als auch Tagungsräume können unter dem folgenden Link gebucht werden: https://www.krone-kinding.de/