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Die behutsame Sanierung eines Kleinbauernanwesens im Bodenseekreis

„Mein insgeheimer Wunsch war es schon immer, ein altes Haus zu erwerben und wieder herzurichten. Als sich dann ausgerechnet bei meinem Lieblingshaus aus Kindheitstagen die einmalige Gelegenheit dazu bot, musste ich einfach zugreifen!“ Nach jahrelangem Leerstand konnte sie dieses mit dem Vorhaben, das Anwesen in seinem Charme zu erhalten, schließlich erwerben. Da es sich hierbei um eines der wenigen noch erhaltenen Kleinbauernhäuser im Bodenseeraum und insbesondere im Deggenhausertal handelte, richtete die Denkmalpflege ein besonderes Augenmerk auf eine bewahrende und behutsame Sanierung. In vielen Details vorzüglich erhalten, lassen sich an ihm die Wohn-, Lebens- und Arbeitsverhältnisse kleinbäuerlicher Familien von Beginn des 19. Jahrhunderts bis in die 1980er Jahre hinein entdecken.

Das Gebäude besteht aus einem verputzten, traufständigen, zweigeschossigen Wohnhaus mit rechts anschließender Scheuneneinfahrt samt angrenzendem Stall. Datiert ist dieser Teil auf das Jahr 1829. Ursprünglich war das Parterre im Wohnhaus nur in Küche und Wohnstube aufgeteilt. Im Laufe der Zeit erfolgten jedoch einige unpassende Einbauten. Die hölzerne Wandverkleidung, der Kachelofen und der anderswo kaum noch vorzufinden Rauchschlot der Küche blieben dabei zum Glück erhalten. Ebenso wurden die bauzeitlichen Fenster dabei nicht angetastet und sind noch im gesamten Haus vorzufinden. Teilweise über Eck angeordnet, erhellen sie die dahinter liegenden Räume, die schmale Profilierung sorgt für eine gute Durchsicht nach außen. Zur Lüftung dient eine mittig öffenbarer kleiner Flügel, für die kalte Jahreszeit sind sogenannte Winterfenster von außen in die Fensterfutter eingehängt. Gerade dieser bauzeitliche erhaltene Fensterbestand mit den noch vorhandenen Fensterläden ist einzigartig und in solch einer vollständigen Ausführung kaum noch zu finden. Das Gleiche gilt für die Türen und die Treppe.

Im Obergeschoss befanden sich als Schlafräume genutzte Kammern. Ein Bad gab es ursprünglich nicht, als Toilette diente ein Plumpsklo am Stall. Das Dachgeschoss war nicht bewohnt, in Schütten bewahrte man dort das Getreide auf. An der rückseitigen Traufe wurde dann im Jahre 1884 ein Ökonomiebereich in Fachwerkbauweise angesetzt: eine lange Wiederkehr mit großer Lagerkapazität. Dort befanden sich im Erdgeschoss Schweine- und Hühnerställe sowie die Brennerei und der Brotbackofen. Im Keller bewahrte man die Mostfässer auf, der Raum im Obergeschoss wurde für die Lagerung von Hopfen genutzt, daher auch die Bezeichnung Hopfendarre.

Nach jahrelangem Leerstand war eine Nutzung als landwirtschaftliches Anwesen nicht mehr mögliche und auch nicht mehr geplant. Vielmehr zielte das neue Nutzungskonzept auf die Schaffung von weiterem Wohnraum in der Ortsmitte von Untersiggingen ab:

Das historische Wohnhaus als Ferienhaus hauptsächlich während der warmen Jahreszeit, die Ökonomieteile als zwei eigenständige Wohneinheiten.

Zu Beginn der Sanierung mussten im Wohnhaus alle unpassenden neuzeitlichen Einbauten entfernt werden, dazu zählten unter anderem neu eingezogen Wände zum Einbau eines Bades und unpassende Fußbodenaufbauten.

Es erfolgte eine sorgsame Aufarbeitung der bauzeitlichen Ausstattung wie der Dielenböden, der Wandverkleidungen, der Treppe und der Fenster und Türen.

Das Erdgeschoss behielt die ursprüngliche Aufteilung in Küche und Stube, lediglich das Esszimmer wurde abgeteilt.

Im Obergeschoss werden die ursprünglichen Kammern wieder als Schlafzimmer genutzt, ergänzt um ein neues kleines Bad.

Das Dachgeschoss blieb unangetastet in seinem ursprünglichen Zustand, lediglich der Dachstuhl erfuhr eine sorgsame Überarbeitung und erhielt eine Dämmung und Eindeckung mit historischen Ziegeln.

Eine der zwei neuen Wohneinheiten entstand im ehemaligen Heuschober und dem Stall. Bestehend aus einem großzügigen Küchen- und Essbereich in der Heueinfahrt und einem Wohnbereich im ehemaligen Stall.

Ein von der restlichen Gebäudesubstanz abgesetzter Kubus dient im Erdgeschoss als Gästetoilette, Garderobe und Lagermöglichkeit. Über eine Treppe kommt man ins Obergeschoss mit zwei weiteren Zimmern und einem Bad.

Im rückseitigen ehemaligen Ökonomiegebäude befindet sich die zweite deutlich größere Wohnung über drei Etagen.

Das Kernstück bildet die großzügige Wohnküche in einem weiteren Anbau von 1910 mit einer Deckenhöhe von etwa vier Metern, daran grenzt das Wohnzimmer mit dem noch vorhandenen Brotbackofen. Beide Zimmer haben direkten Zugang zum Garten.

Da die Zugänge bisher nur mit Bretttüren und Läden verschlossen waren, wurden dahinter schmal profilierte Fenstertüren platziert. Bei Bedarf dienen die historischen Türen und Läden als sommerlicher Hitzeschutz beziehungsweise als Blickschutz.

Über eine Stahltreppe, belegt mit Massivholzstufen, kommt man in das erste Obergeschoss, einem Teil der ehemaligen Hopfendarre. Hier befinden ein Bad und zwei weitere Zimmer, eines davon mit kleinem Ankleideraum. Der großzügige Treppenabsatz bietet eine Nutzung als weiteren Wohn- oder Arbeitsbereich an.

Die Treppe führt weiter ins zweite Obergeschoss. Hier eröffnet sich ein Abschnitt, den man fast als eigenen Wohnbereich bezeichnen darf. Mit eigenem Bad, einem mehr als großen Treppenaustritt und einem großzügigen zur Giebelseite ausgerichtete Zimmer. Hier befindet sich auch giebelseitig das einzige normale Fenster. In allen anderen Räumen wurden die historischen Dachluken restauriert und zu Kastenfenster erweitert.

Gleich verfahren wurde auch mit den noch gut erhaltenen restlichen bauzeitlichen Fenstern im Ökonomieanbau:

Sorgsam restauriert und thermisch verbessert durch eine innen vorgesetzte zweite Fensterebene.

Lediglich in wenigen Fällen, wo keine historischen Fenster mehr vorhanden waren, kamen schmalprofilierte und entsprechend angepasste Holzfenster zum Einsatz

Doch wie wird so ein Gebäudekomplex mit Wärme und warmen Wasser versorgt?

Mit einer im Nebengebäude untergebrachten Luft-Wärme-Pumpe samt Photovoltaik.

In jeder Wohnung kann zusätzlich mit einer Holzfeuerstelle geheizt werden und im alten Bauernhaus steht dafür der alte Kachelofen und der Küchenherd zur Verfügung.

Die zwei Wohnungen erfüllen den Standard KFW-Effizienzhaus Denkmal. Dafür wurde unter anderem die Dachflächen und die Innenwände gedämmt. Das ehemalige Bauernhaus hat, da nur für vorübergehende Sommernutzung gedacht, keine Anforderungen an den Wärmeschutz zu erfüllen. 

Insgesamt wurden bei Sanierung in allen Gebäudeteilen Wert auf die Verwendung von ursprünglichen Materialien und Arbeitsweisen gelegt. So stammen die Bodendielen aus Weißtanne und Esche aus Wäldern aus der nächsten Umgebung, verarbeitet in einem Sägewerk im Nachbarort.

Das Ergebnis der Zusammenarbeit von Bauherrin, Handwerkern und Planern kann sich sehen lassen.

Ein Schmuckstück, das zur Wiederbelebung der Dorfmitte beiträgt. 

Eine Sache muss man der Bauherrin dabei hoch anrechnen: den Erhalt der Obstwiese mit ihren Hochstämmen. Jeder andere hätte hier das mögliche Baurecht bestimmt genutzt.