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Fenster im Fachwerkhaus - Ein Fall für Fachleute

Fachwerkhäuser gibt es in großer Zahl vor allem in Deutschland, England, Frankreich und Skandinavien. Alleine in Deutschland wird der Bestand auf etwa zwei Millionen Fachwerkhäuser geschätzt. Über 2.000 malerische Häuser dieser Art hat alleine das UNESCO-Welterbe Quedlinburg in Sachsen-Anhalt zu bieten, wo auch eines der ältesten Fachwerkhäuser Deutschlands steht. Erbaut wurde das Gebäude des Fachwerkmuseums im Ständerbau im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit stammt das mittelhochdeutsche Wort „vach“ für Flechtwerk, auf das der Begriff „Fachwerk“ zurückzuführen ist.

Besonderes Raumklima dank spezieller Bauphysik

Bewohner und Freunde von Fachwerkhäusern schätzen die konstruktionsbedingte Besonderheit vom Zusammenspiel natürlicher Werkstoffe, die sich über viele Jahrhunderte bewährt haben. Das Raumklima in einem klassischen Fachwerkhaus ist nach wie vor dem vieler Neubauten überlegen. Auch bauphysikalisch haben Fachwerkhäuser bei richtiger Nutzung viele Vorteile – zu hohe Luftfeuchtigkeit und Schimmel ist hier nicht zu erwarten. Anders sieht es aus, wenn Fachwerkhäuser modernisiert werden und klassische Materialien gegen moderne getauscht werden:

  • Silikon gegen Leinöl
  • Bauschaum gegen Hanf
  • Polystyrol gegen Lehm
  • Einfachfenster gegen Mehrscheiben-Isolierglasfenster.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann das gut funktionieren, bedarf aber dem Zusammenspiel von guten und erfahrenen Architekten, qualifizierten Fachfirmen und auch dem späteren Bewohner. Er muss zum Beispiel für einen regelmäßigen Luftaustausch sorgen, denn dieser wird durch die Verwendung moderner Baustoffe im Fachwerkhaus oft eingeschränkt.

Bessere Wärmedämmung mit neuen Fenstern im Fachwerkhaus

Die Einführung der Energieeinsparverordnung (EnEV) stellt viele Besitzer von Fachwerkhäusern vor große Herausforderungen. Die gesetzliche Vorschrift, Verbrauchswerte von Bestandsgebäuden zu minimieren, ist nachvollziehbar, aber die geforderten Dämmwerte (Uw-Werte) für neue Fenster sind oft besser als die der umgebenden Wände des historischen Fachwerkhauses. Ein Luftaustausch über die „Sollkondensatzone“ Fenster findet kaum noch statt.

Werden die Wände im Zuge einer umfassenden Gebäudesanierung unsachgemäß gedämmt, leiden vor allem die alten Holzbalken. Das oft aus Eiche gefertigte Fachwerk muss atmen können, um Feuchtigkeit wieder abgeben zu können. Bei fehlendem Luftaustausch besteht die Gefahr, dass Balken anfangen zu faulen, was große Schäden am Fachwerk mit sich bringt. Ideal für die Dämmung der Innenwände sind hingegen diffusionsoffene Dämmschichten aus Lehm oder Hanf.

Denkmalgeschützte Fachwerkhäuser sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Energieeinsparverordnung befreit (§ 24 EnEV). Egal ob Denkmalschutz oder nicht, Sanierungen gehen in der Regel einher mit dem Wunsch nach Verbesserungen. In Bezug auf neue Fenster sind das Schallschutz, Sicherheit und nicht zuletzt natürlich auch der Energieeinsparung. Einspareffekte auf die Heizkosten können bei fachgerechter Umsetzung auch im Fachwerkhaus durch den Einbau neuer Fenster realisiert werden.

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Denkmalschutz ist für Fenster im Fachwerkhaus maßgeblich

Welche Fenster für ein Fachwerkhaus infrage kommen, ist von verschiedenen Faktoren abhängig:

  • Steht das Haus unter Denkmalschutz (EnEV-Anforderungen, Bauphysik)?
  • Gibt es historische Aufzeichnungen oder original erhaltene bauzeitliche Fenster?
  • Welche Größe und Form der Fenster erlaubt die Struktur der Gefachungen?

Sehr entscheidend für den Umgang mit Fenstern in einem Fachwerkhaus ist die Frage nach dem Denkmalschutz. Handelt es sich bei einem Haus um ein Baudenkmal, so können alte Fenster nicht einfach ausgetauscht werden. Die Denkmalschutzbehörde muss hierzu beurteilen, ob die vorhandenen Fenster des Fachwerkhauses Denkmalwert besitzen. Dies ist der ideale Zeitpunkt für ein erstes Gespräch mit dem zuständigen Denkmalpfleger.

Ertüchtigung denkmalwerter Fenster ist zu prüfen

Werden die Fenster von der Denkmalpflege als schützenswert eingestuft, wird im nächsten Schritt geprüft, ob diese erhalten und gegebenenfalls energetisch optimiert werden können. Denkmalpfleger bezeichnen die Erhaltungsmaßnahmen auch als "Ertüchtigung".

Die Kosten für die Ertüchtigung der Fenster muss wiederum der Bauherr einholen. Dafür sind auf Denkmalsanierung spezialisierte Schreinerwerkstätten die richtigen Ansprechpartner. Der Fachbetrieb macht sich üblicherweise vor Ort ein Bild der Lage und beurteilt dann den Aufwand für die Restaurierung der historischen Holzfenster. Es ist durchaus sinnvoll den Schreinermeister zu bitten auch gleich den Einbau neuer denkmalgerechter Fenster anzubieten und diese Kosten mit dem Angebot für die Ertüchtigung der Fenster bei der Denkmalbehörde einzureichen.

Die Behörde muss daraufhin entscheiden, welche Vorgehensweise umgesetzt werden soll. Dabei muss sie auch die Zumutbarkeit der Maßnahme gegenüber dem Bauherren berücksichtigen. In die Entscheidung, was dem Bauherren zugemutet werden kann und was nicht, fließen unterschiedliche Faktoren ein. Es sollten nicht nur die alleinigen Kosten für die Restaurierung der Fenster betrachtet werden, sondern darüber hinaus auch Faktoren wie Steuervorteile, Fördergelder und die zu erwartende Wertsteigerung des Fachwerkhauses.

Genaue Vorgaben für denkmalgerechte Fenster

Entscheidet die Denkmalbehörde sich gegen die Ertüchtigung der historischen Fenster, wird noch einmal geprüft, welche Kriterien neue denkmalgerechte Fenster zu erfüllen haben und ob diese im vorliegenden Angebot des Fachbetriebs bereits dargestellt sind.

In diesem Kontext ist die Materialgerechtigkeit ein sehr wichtiges Kriterium für die Denkmalpfleger. Bei der Erbauung von Fachwerkhäusern waren Holzfenster die Regel. Somit gilt: Einem Holzfenster muss ein Holzfenster folgen. Natürlich nicht irgendwelche Holzfenster, sondern welche, die den historischen Fenstern möglichst nahekommen.

Wichtige Eigenschaften, die ein denkmalgerechtes Fenster im Fachwerkhaus erfüllen sollte, sind unter anderem:

  • möglichst schmale Ansichtsbreiten und Profile
  • Sprossenaufteilung gemäß historischem Vorbild
  • auf die Epoche abgestimmte Fenstergetriebe und Beschläge

Kunststofffenster im Fachwerkhaus: Ja oder nein?

Denkmalpfleger lehnen den Einbau von Kunststofffenster in ein denkmalgeschütztes Fachwerkhaus in der Regel ab. Das liegt zum einen an der bereits erwähnten Materialgerechtigkeit und zum anderen daran, dass Kunststofffenster in der Zeit, zu der die meisten historischen Fachwerkhäuser in Deutschland entstanden, noch nicht erfunden war. Kunststoff ist also nicht nur materialfremd, sondern auch epochenfremd und deshalb kein geeignetes Material für Fenster im Fachwerkhaus.

Steht das Fachwerkhaus nicht unter Denkmalschutz, dürfen Eigentümer neue Fenster aus Kunststoff oder Aluminium einbauen. Ob das eine Fensterlösung ist, die die einzigartige Architektur und den Charakter des Hauses dauerhaft besser zur Geltung bringen, muss jeder Bauherr für sich entscheiden.

Hier ein kleiner Denkanstoß: Echte Kenner und wahre Liebhaber montieren sicher keine Plastikradkappen auf die Felgen ihres einzigartigen Oldtimers.

Moderne Sicherheit für historische Fachwerkhäuser

Auch ein aufwendig restauriertes Fachwerkhaus ist für Kriminelle ein Objekt der Begierde. Fragen Sie sich deshalb:

Was ist Ihnen die Sicherheit Ihres historischen Hauses wert?

Für einen überschaubaren Aufpreis erhalten Sie für Ihr Fachwerkhaus Fenster mit einbruchhemmenden Eigenschaften der Widerstandsklasse RC2, also der Klasse, die von der Kriminalpolizei an Fenstern und Türen von Wohngebäude empfohlen wird. Mittlerweile gibt es auch einbruchhemmende Holzfenster mit schlanken Profilen, die sich historischen Fenstern gut angleichen lassen.

Bei auswärts öffnenden Fenstern eines Fachwerkhauses ist unter Umständen über eine Kastenfensterkonstruktion für ein höheres Maß an Sicherheit nachzudenken.

Die äußeren, auswärts öffnenden Flügel wären in diesem Fall mit klassischer Einfachverglasung und die inneren Flügel dann als einbruchhemmende, einwärts öffnende Isolierglasfensterflügel ausgestattet. Auch hier ist es sehr ratsam erfahrene Fachbetriebe mit einzubinden. Falsche Bauwerksanschlüsse wie die Verankerung und Abdichtung der Fenster im Fachwerk und nicht berücksichtigte Änderungen an der Bauphysik (Dämmebene, Werte umgebender Wände) können massive Schäden nach sich ziehen.

Fenster im Fachwerkhaus vergrößern: Bitte nicht ohne Statiker!

Wohnräume durchflutet mit natürlichem Licht steigern die Lebensqualität. Auch im Fachwerkhaus lohnt es sich im Rahmen einer Sanierung die Fenster zu vergrößern. Oft sind die Holzbalken des Fachwerks im Weg. Wer diese ohne Vorkenntnisse entfernt oder versetzt, gefährdet die Statik des Fachwerkhauses. Sprechen Sie mit einem Tragwerksplaner (umgangssprachlich auch Statiker genannt), bevor Sie die Fenster in einem Fachwerkhaus vergrößern. Anhand einer statischen Berechnung bestimmt der Statiker, welche Holzbalken wie zu versetzen sind.

Montage von Fenstern und Festverglasungen im Gefach

Um Licht in dunkle Fachwerkräume zu bekommen, besteht oft der Wunsch, ursprünglich geschlossene Fachwerkfelder in verglaste Felder zu ändern. Das ist beliebt bei Hausbesitzern und umstritten bei Denkmalschützern. Wo Eigentümer mit mehr Licht und dem Einklang von Historischem und Modernem argumentieren, stoßen sie bei Denkmalschützern auf Widerstand, da historische Bausubstanz beschädigt oder gar für immer zerstört wird und das Erscheinungsbild der Fassade je nach Umfang des Eingriffs erheblich verändert wird. Steht Ihr Haus also unter Denkmalschutz, sollten Sie auf jeden Fall die Freigabe beim zuständigen Denkmalamt einholen, bevor sie die Zwischenräume des Fachwerks verglasen. Eine elegante Alternative kann je nach baulichen Möglichkeiten ein hinter das Fachwerk gesetztes Fensterband sein. Richtig geplant, ist diese Maßnahme reversibel, also rückbaubar, die historische Bausubstanz bleibt erhalten und der Lichteinfall ist enorm.

Steht das Haus nicht unter Denkmalschutz, spricht erstmal nichts gegen den Einbau von Fenstern in die Gefachungen des Fachwerks. Zur Vermeidung von Langzeitschäden und Wärmebrücken geben wir hier einige Tipps, was beim Einbau zu beachten ist.

1. Geeignete Materialien für die Abdichtung

Bauschaum, Silikon oder Acryl sollten beim Abdichten der Fenster auf gar keinen Fall verwendet werden. Sie verhindern den Abtransport von Feuchtigkeit. Dadurch können Schäden am Fachwerk entstehen, die nicht selten mit dem Totalverlust historischer Balken enden. Besser geeignet sind Isolierhanf oder Schafswolle.

2. Montage mit Spielraum

Die Montage der Fenster muss so ausgeführt werden, dass die Fenster noch einen gewissen Spielraum in den Gefachen haben. Ein zu fester Verbund mit dem Fachwerkgefüge kann dazu führen, dass durch Bewegungen der Fachwerkkonstruktion die Fensterrahmen auseinanderreißen.

3. Schutz vor Feuchtigkeit

Fenster können, je nach regionaler Besonderheit, außen bündig im Fachwerk sitzen. Hier ist zu beachten, dass anfallende Feuchtigkeit  durch geeignete Maßnahmen, wie beispielsweise mit einem oberhalb des Fensters angebrachten Wetterschenkel, von der Konstruktion ferngehalten wird. Eine andere Möglichkeit besteht das Fenster nach außen hin bündig mit Bekleidungsleisten abzudichten oder das Fenster in einem Futterrahmen mit äußeren Bekleidungsleisten in der Ebene nach innen zu montieren.

4. Wärmebrücken vermeiden

Um sicherzustellen, dass keine Wärmebrücke entsteht sollte je nach Dämmung bzw. erreichtem und rechnerischem Wärmedurchgangskoeffizient der Wand und der Einbaulage des Fensters (z.B. aufwendige Dämmung innen,  Montage mehrfachverglastes Isofenster bei aussenbündiger Einbaulage) der Isothermenverlauf berechnet werden.

Fazit: Besser Fachbetrieb mit Fenstermontage beauftragen

Die Auswahlmöglichkeiten ungeeigneter Fenster für Fachwerkhäuser sind leider enorm. Das gilt sowohl in gestalterischer als auch in bauphysikalischer Sicht – von gesetzlichen Auflagen und Verstößen im Bereich der Denkmalpflege ganz abgesehen.

Für den Einbau neuer Fenster in ein Fachwerkhaus braucht es Erfahrung. Selbst dem ambitioniertesten Heimwerker sollte klar sein, dass Fachwerkhäuser sehr speziell sind und beim Einbau der Fenster oft schwerwiegende Fehler passieren:

  • Verwendung von Bauschaum ohne Feuchteleitfähigkeit
  • Eindringen von Feuchtigkeit in Holz oder Lehmgefachung
  • Verwendung von falschem Befestigungsmaterial
  • Gefährdung der Statik beim Vergrößern der Fenster
  • Trotz RC2-Zertifizierung nur geringe Einbruchhemmung wegen unsachgemäßer Montage.

Wenden Sie sich an einen Fachbetrieb mit guten Referenzen bei der Fachwerksanierung. Dort erhalten Sie eine kompetente Beratung, professionelle Montage und die richtigen Fenster für Ihr Fachwerkhaus.

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Über den Autor
Ivo-Andreas Piotrowicz

Ivo-Andreas Piotrowicz

Studium FH für Technik, Akademie des Handwerks Schloß Raesfeld: staatlich geprüfter Techniker für Baudenkmalpflege und Altbauerhaltung. Seit 1994 Produkt- und Projektmanager für PaXclassic GmbH. Organisation von Fachtagungen „Fenster im Baudenkmal“, Redaktion für die gleichnamige Buchreihe und Online-Fachportal „Fenster im Baudenkmal“. Bundesweite Beratungstätigkeit für Denkmalämter, Bauherren und Architekten.

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