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Fensterglas für historische Gebäude - ein Ratgeber

Wie wurde Fensterglas früher hergestellt?

Das wohl älteste halbwegs industrielle Herstellungsverfahren für Fensterglas ist das Zylinderblasverfahren. Es wurde um das Jahr 1200 in Frankreich für Fensterglas weiterentwickelt. Bei dieser Technik wird in reiner Handarbeit geschmolzenes Glas zu einem Ballon aufgeblasen, aus dem schließlich ein Zylinder geformt wird. Der aufgeschnittene Glaszylinder wird erneut erhitzt und mit einem Holz glattgestrichen. Es entstehen Glastafeln mit einer dezent welligen Struktur und vereinzelten ovalen Lufteinlagerungen (auch Bläselung genannt). Die typischen Eigenschaften von sogenanntem mundgeblasenem Restaurierungsglas.

Im 13. und 14. Jahrhundert entstand mit Butzen- und Tellerscheiben eine neue Form von mundgeblasenem Fensterglas. Die eher kleinen runden Scheiben wurden in vielen verschiedenen Farben hergestellt. So entstanden einzigartige Kunstwerke in Form von Bleiglasfenstern, die meist in sakralen oder hochherrschaftlichen Gebäuden zum Einsatz kamen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte Émile Fourcault ein maschinelles Verfahren zur Herstellung größerer Glasflächen. Bei dem nach ihm benannten Fourcault-Verfahren wird die Glasschmelze an einer Ziehdüse vertikal in die Höhe gezogen. In Abhängigkeit der Produktionsgeschwindigkeit konnten mit dem Verfahren erstmals unterschiedliche Glasdicken hergestellt werden. Der Amerikaner Irwing Colburn entwickelte das Verfahren weiter. Es gelang ihm die Intensität der Ziehstreifen und -wellen zu reduzieren. Die Pittsburgh Plate Glass Company entwickelte ein paar Jahre später eine Kombination aus beiden Verfahren und war damit erstmals in der Lage bis zu 8 mm starke Glasscheiben herzustellen.

Immer großformatigere Scheiben eröffneten den Architekten neue Möglichkeiten der Fenster- und Fassadengestaltung. Das Gussglasverfahren (1919) und das Walzglasverfahren (1921) sorgten für weitere Verbesserungen in der wirtschaftlichen Herstellung, der Qualität und verfügbaren Größe von Verglasungen. Schließlich gelang es dem Engländer Alastaire Pilkington im Jahr 1959, eine schon 1902 patentierte Produktionsmethode wirtschaftlich nutzbar zu machen. Hierbei wird die Glasschmelze über eine Fläche aus flüssigem Zinn geflutet (gefloatet). Dies ermöglichte eine bis dahin unerreichte Oberflächenqualität und war die Geburtsstunde des Flachglases bzw. Floatglases mit spiegelglatter Oberfläche, wie wir es heute einsetzen.

Welches Fensterglas eignet sich für historische Gebäude?

Gebäude, die älter als 1959 sind, büßen mit heutiger Floatverglasung ein erhebliches Stück ihrer ursprünglichen Detailqualität ein. Die Verglasungsfläche hat in aller Regel den größten Anteil am Fenster, bleibt aber leider gestalterisch meist unberücksichtigt. Eine authentische Verglasung kann dem historischen Haus wieder den eigenen, bauzeitlichen Charme verleihen – sowohl bei der Betrachtung der „lebendigen“ Glasflächen in den Fassaden, als auch beim Ausblick durch das Fenster.

Die Wahrnehmung der Außenwelt beim Blick durch Zylinderglas oder eine im Fourcault-Verfahren hergestellte Verglasung bietet ganz eigene Reize und lässt jedes Glasfeld zum Unikat werden. In der Regel lassen sich bei gutem Willen heute alle vorgenannten Verglasungsarten mit ihren typischen Eigenarten wie Lufteinschlüssen, Bläschen, Schlieren, Walz- oder Ziehspuren als Reparaturverglasungen bzw. in rekonstruierte neue Fenster einsetzen.

Um ein dem Gebäude gerecht werdendes Ergebnis bei der Erneuerung des Fensterglases oder des gesamten Fensters zu erzielen, sollte in jedem Fall ein Fachmann zurate gezogen werden. Bei unbedarftem Einsatz können fragwürdige Ergebnisse entstehen. Ein barockes Fachwerkhaus mit zu großen und zu ruhigen Glasflächen sieht ebenso befremdlich aus wie ein Haus aus den 1930er-Jahren, in das zu unruhiges und kleinteiliges Glas eingesetzt wurde. In den Bereich der Gestaltungsqualität fällt neben der Art der Verglasung auch die Auswahl der Holzprofile. Zunehmend breitere Profile, die für die Aufnahme von Dreifach- und Sonderverglasungen konstruiert wurden, reduzieren den Lichteinfall.

Um ein optimales Ergebnis in Bezug auf Glasqualität und Glasfläche zu erreichen, ist grundsätzlich zu prüfen, ob auch schlankere Profile – unter 68 mm – zum Einsatz kommen können. Zusätzlich lässt sich durch den Einsatz schlanker Holzprofile neben dem Gewinn an lichter Fläche auch eine Verbesserung des Wärmedurchgangskoeffizienten erreichen.

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Welche Funktionen hat Fensterglas?

Eine moderne Fenster-Verglasung ist viel mehr, als einfach nur eine transparente Scheibe, die den Innenraum von der Außenwelt trennt. Wichtige Funktionen, wie Wärmedämmung, Einbruchhemmung, Schallschutz oder UV-Filterung können mit einem zeitgemäßen Fensterglas ganz oder zum Teil gelöst werden. Das gilt nicht nur für das heute weit verbreitete Floatglas. Auch die speziell für historische Gebäude entwickelten Restaurierungsgläser können diese Funktionen abbilden.

Bei der technischen Konfiguration eines je nach Einsatzort geeigneten Fensterglases begegnen einem viele Fachbegriffe, die wir im Folgenden erklären.

Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert)

Anfang des vorherigen Jahrhunderts konnten mit fortschrittlichen Kasten- und Verbundfensterkonstruktionen erhebliche Verbesserungen im Bereich der Wärmedämmung und der erreichbaren Schallschutzwerte erzielt werden. Das beiden Fenstersystemen zugrunde liegende Prinzip der zwei hintereinander liegenden Verglasungsebenen führte zu einer Halbierung der Wärmeverluste und beim Kastenfenster zusätzlich auch zu hervorragenden Werten im Bereich der Schalldämmung. Allerdings waren Kasten und Verbundfenster in Bezug auf Handhabung, Bedienungsfreundlichkeit, Kosten und Wartung verbesserungsfähig.

Mit der Erfindung der Zweischeibenisolierverglasung in den 1950er-Jahren und der zunehmenden Verbreitung in den 1960er-Jahren verdrängte das Zweischeiben-Isolierglasfenster schließlich mit der ersten Wärmeschutzverordnung 1978 alle einfach verglasten Fensterkonstruktionen in Wohngebäuden. Fokussiert auf den Wärmedurchgangskoeffizienten (sog. Ug-Wert, gemessen in Watt pro m²Kelvin), also den Wert, der angibt, wie viel Energie durch das Bauteil geht, ergeben sich für die Verglasung für das vergangene Jahrhundert folgende Werte:

Fensterkonstruktionen Glasstärke (mm) Ug-Wert (W/m²K)
Einfachfenster 4 ca. 5,8
Verbundfenster 4+4 ca. 3,0
Kastenfenster 4+4 ca. 3,0

 

Als am 01.02.2002 die Energieeinsparverordnung (EnEv) die seit 1978 gültige Wärmeschutz-Verordnung (WSchV) in der letzten Auflage von 1995 ablöste und immer strengere Vorgaben an den Wärmedurchgangskoeffizienten gestellt wurden, waren weitere Verbesserungen der Verglasung erforderlich.

Mit Verabschiedung der zweiten Auflage der EnEv im Jahr 2004 wurden bis dahin eher selten verwendete Dreifachisolierverglasungen vermehrt auch in Standardfensterkonstruktionen eingesetzt. Bessere Materialeigenschaften vom Randverbund, der die Scheiben auf Abstand hält sowie zwei Verglasungsebenen mit energetisch wirksamer Beschichtung in Verbindung mit Edelgasfüllungen (Argon oder Krypton) definierten 2015 einen Ug-Wert von 0,5 W/m²K als gängige Grenze der Glashersteller.

Isolierglaskonstruktionen

Folgende technische Werte gelten aktuell als Standard-Werte, die von allen Fensterherstellern angeboten werden. Niedrigere Ug-Werte durch andere Edelgase, Scheibenzwischenräume und Beschichtungen sind möglich, gehen aber zulasten der übrigen technischen Eigenschaften.

Verglasungstyp Glasaufbau (mm) Ug-Wert (W/m²K)
Zweifach-Verglasung 4/16/4 + Luft ca. 3,0
Zweifach-Verglasung mit Gasfüllung 4/16/4 + Argon ca. 2,6
Zweifach-Verglasung mit Gasfüllung und Beschichtung 4/16/4b + Argon ca. 1,1
Dreifach-Verglasung mit Gasfüllungen und Beschichtungen 4/12/4/12/4 ca. 0,5

 

Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert)

Im Zuge der dritten Wärmeschutzverordnung von 1995 rückten erstmals auch die Energiegewinne durch Glas, bestimmt durch den Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert) von Verglasungen, stärker ins Blickfeld. Der g-Wert gibt an, wie viel Prozent der eingestrahlten Energie in den Raum hinter der Verglasung gelangt und dort zur Erwärmung beitragen kann. Der g-Wert wird in Prozent angegeben.

Ein g-Wert von 100 % entspricht einer unverglasten Öffnung, eine einfache Glasscheibe von 3-4 mm hat einen g-Wert von ca. 88 %, eine konventionelle Zweifach-Floatverglasung (Ug 1,1 W/m2K) erzielt einen g-Wert um die 63 %. Eine konventionelle Dreifach-Floatverglasung (Ug 0,7 W/m²K) erreicht einen g-Wert von 53 %.

Um bessere g-Werte zu erzielen, werden neben eisenoxidarmen, sehr farbneutralen Scheiben (sogenanntes Weißglas), bei Isolierverglasungen zusätzlich auch optimierte Beschichtungen eingesetzt, die allerdings teilweise zu Lasten des Ug-Wertes und in einigen Fällen auch der Farbneutralität gehen. So optimiert beträgt der g-Wert bei einer Dreifachverglasung derzeit 60 % und mehr. Die Auswahl vom optimalen g-Wert ist nutzungsabhängig. Im Passivhausbau ist in aller Regel ein möglichst hoher g-Wert Voraussetzung um die einstrahlende Sonnenenergie effizient auszunutzen. Anders in Schulen oder Bürogebäuden, wo aktiver Sonnenschutz, also ein möglichst niedriger g-Wert, gewünscht wird, um eine unerwünschte Aufheizung der Räume zu verhindern.

Lichtransmissionsgrad (LT-Wert)

Der Lichttransmissionsgrad gibt an, wie hoch die Lichtdurchlässigkeit der Verglasung von außen nach innen, gemessen in Prozent, ist. Eine unverglaste Öffnung hat einen LT-Wert von 100 %, eine einfache Glasscheibe von 3 bis 4 mm hat einen LT-Wert von ca. 90 %. Die konventionelle Zweifach-Floatverglasung (Ug 1,1 W/m²K) erzielt einen LT-Wert von ca. 80 %. Im Vergleich hierzu bietet die konventionelle Dreifach-Floatverglasung (Ug 0,7 W/m²K) einen LT-Wert von 70 %, wobei auch hier der Lichttransmissionsgrad durch Einsatz von Weißglas auf maximal LT = 74 % erhöht werden kann.

Sonnenschutzverglasungen, die einen möglichst hohen Schutz vor Sonnenenergieeinstrahlung bieten sollen, erreichen als Zweifachverglasung (Ug 1,1 W/m²K) in der Regel einen g-Wert von 20 % bis 40 % und LT-Werte 40 % bis 65 %. Der grundsätzliche strahlungsphysikalische Zusammenhang gibt vor, dass eine Absenkung des g-Wertes immer mit einer niedrigeren Lichttransmission einhergeht.

Die Glasindustrie arbeitet kontinuierlich an der Optimierung. Das Verhältnis vom LT-Wert zum g-Wert liegt aber im Bestfall derzeit bei maximal 2,2. Dieser Wert wird als Selektiviät bezeichnet. (Als Beispiel wäre eine Sonnenschutzverglasung mit den Werten 60/28, also einem Verhältnis von 2,14 zu nennen.) Bei der Verwendung solcher Glastypen ist in Bezug auf die Verwendung in historischen Gebäuden immer der gestalterische Aspekt zu berücksichtigen.

Lichtreflexionsgrad (LR-Wert) und -farbe

Der Lichtreflexionsgrad gibt an, welcher Anteil der Sonneneinstrahlung im Bereich des sichtbaren Lichtes (Wellenlängen 380–780 nm) bei Lichteinfall von außen durch eine Verglasung reflektiert wird. Die Angabe erfolgt in % oder in Dezimalen von 0 bis 1. Es gilt: Je größer der LR-Wert ist, desto stärker spiegelnd ist die Wirkung des Glases. Unter dem Gesichtspunkt der Sonnenschutzwirkung kann ein hoher Lichtreflexionsgrad positiv wirken. Der optische Eindruck und die ästhetische Wirkung eines Gebäudes werden dadurch erheblich beeinflusst.

Eine aktuelle 2-Fach-Verglasung Ug 1,1 W/m²2K hat eine Außenreflexion von ca. 12 %, eine Variante mit einem U-Wert von Ug 1,0 W/m²K aber eine Außenreflexion von ca. 20 %. Dies kann von sehr kritischen Betrachtern schon als unnatürlich und unter Umständen als störend empfunden werden.

Während aktuelle Wärmeschutzverglasungen in der Regel auf farbliche Neutralität und niedrige Reflexion ausgelegt sind, ist bei Sonnenschutzverglasungen eine weite Spanne von Reflexionsgraden und -farben verfügbar. Es gibt aber auch Varianten, die erhebliche höhere Reflexionsgrade von bis zu 40 % erreichen Es ist empfehlenswert, die Werte so zu wählen, dass der Eindruck des Glases zur Bauepoche des Gebäudes passt. Neben dem Reflexionsgrad wird die Farbwiedergabe der Reflexion nach außen durch die eingesetzten Beschichtungen beeinflusst. Auch in diesem Punkt ist es hilfreich, die Wirkung am Gebäude schon bei der Planung mit entsprechenden Mustern zu prüfen.

Farbwiedergabeindex (Ra-Wert)

Die Farbwiedergabe einer Verglasung ist von großer Bedeutung für das Wohlempfinden des Menschen in Gebäuden. Je weniger die natürliche Lichtfarbe durch eine Verglasung im Innenraum verfälscht wird, umso positiver wirkt sich dies physiologisch und psychologisch auf die Wahrnehmung aus. Der Referenzwert wären 100 %, also eine nicht verglaste Öffnung. Heutige Wärmeschutzverglasungen erreichen Ra-Werte von ca. 96 %. Durch den Einsatz von Weißglas und optimierten Beschichtungen sind im Einzelfall auch Werte von bis zu 99 % möglich. Bei Sonnenschutzverglasungen ergeben sich allerdings durchaus Ra-Werte von unter 90 %. Dies führt zu einer vom menschlichen Auge als störend wahrgenommenen Veränderung des Farbklimas im Gebäude. Gerade im Bezug darauf ist bei der Auswahl von Verglasungen für historische und denkmalgeschützte Gebäuden, speziell im Bereich der Museen, sehr behutsam vorzugehen.

Schalldämmung (Rw-Wert)

In der Zeit um 1900 fanden in den größeren Städten zunehmend Kastenfensterkonstruktionen Verbreitung. Neben der höheren Behaglichkeit durch bessere Wärmedämmung war es vor allem auch der noch heute hervorragende Schallschutz dieser Konstruktion, der das Leben in den spürbar lauter werdenden Städten erträglicher machte.

Die Industrialisierung, das ständig wachsende Verkehrsaufkommen und der daraus resultierende Auto-, Flugzeug- und Bahnlärm sowie belebte Fußgängerzonen und der Wunsch nach Ruhe in den eigenen vier Wänden ließen in den vergangenen Jahren das Bedürfnis nach immer besseren Schallschutzfenstern mit mehreren Dichtungsebenen und speziellen Schallschutzverglasungen aufkommen. Hierbei ist zu beachten, dass entsprechend einer Studie des Institutes für Fenstertechnik (2011) keine Verbesserung der Schalldämmeigenschaften zwischen Zweifach- und Dreifachisolierverglasungen vorliegt, zumal die mittlere Scheibenebene bei Dreifachverglasungen fast keinen Einfluss auf die Schalldämmung hat. Das bewertete Schalldämm-Maß Rw wird in Dezibel (dB) angegeben.

Zum besseren Verständnis der dB Werte sei angemerkt, dass bereits eine Reduktion des Schallpegels um 3 dB vom Menschen als wesentlich empfunden wird und eine Reduktion um 10 dB als Halbierung der Lautstärke von Lärmquellen wahrgenommen wird. Nachfolgende Tabelle mit Rw-Werten beispielhafter Fensterkonstruktionen und unterschiedlicher Glasaufbauten wurden jeweils im Prüfstand ohne Flankenübertragung ermittelt.

Tabelle mit exemplarischen Aufbauten und erreichten Schallschutzklasse (SSK), errechnet auf ein einflügeliges Holzfenster.

*schalldämmendes Verbundsicherheitsglas

Fensterkonstruktion Glasaufbau Rw (dB) Schallschutzklasse (SSK)
Einfachfenster 4 ~ 29 2
Einfachfenster 6 ~ 31 2
Verbundfenster 4+6 ~ 37 3
Kastenfenster 4+6 ~ 44 4
Isolierglasfenster 4/16/4 ~ 32 2
Isolierglasfenster 6/16/4 ~ 37 3
Isolierglasfenster 10/16/VSG-SI 9* ~ 44 4

UV-Schutz

Alterungsprozesse werden ganz wesentlich durch den Einfluss von Energie, insbesondere durch Sonneneinstrahlung, bewirkt und verstärkt. Neben dem für Menschen sichtbaren Licht im Bereich von 380 nm bis 780 nm ist vor allem die hochenergetische ultraviolette Strahlung ab 280 nm für solche natürlichen Alterungsprozesse verantwortlich (Der Strahlungsbereich kleiner als 280 nm wird von der Erdatmosphäre absorbiert und erreicht nicht den Erdboden).

Viele Materialien, wie etwa Papier, unbehandeltes Holz, Pigmente, Leder, Haut, Haar oder Bindemittel altern auch erheblich durch Strahlungen im sichtbaren Bereich, also jenseits der UV-Strahlung um die 380 nm. Bei einer Zweifach-Standard-Isolierverglasung treffen immer noch 25 %, bei einer Dreifach-Isolierverglasung bis zu 18 % der schädlichen UV-Strahlung auf schützenswerte Objekte. Gerade im Denkmalschutzbereich und in Museen müssen Einrichtung und Exponate, die traditionell durch Fenster in ein natürliches Sonnenlicht getaucht werden, vor dieser Strahlung geschützt werden. Anderseits erhalten diese erst durch natürliches und unverfälschtes Sonnenlicht ihre eigentliche Schönheit.

Durch den Einsatz von Standard-Folien, wie man sie beispielsweise in Verbundsicherheitsglas(VSG) einsetzt, werden mehr als 99 % der natürlichen UV-Strahlung bis zu einer Wellenlänge von 380 nm absorbiert. Dabei tritt keine deutlich wahrnehmbare Verfärbung des Lichts auf. Um jedoch auch 99% der Strahlung bis 420 nm im für viele Stoffe fotochemisch kritischen Bereich von Einrichtung und Exponaten fernzuhalten, sind Spezialfolien oder speziell eingefärbte Gläser notwendig. Allerdings verschiebt sich die Farbwiedergabe des durch solches Glas einfallenden, sichtbaren Lichts physikalisch unabwendbar ins gelbliche, weil erhebliche Teile des violetten und blauen Spektrums von solchen Gläsern herausgefiltert werden. Es liegt im Ermessen des Entscheidungsträgers, welchen Schutz vor Alterungsprozessen er für seine Einrichtung notwendig hält und wie viel des natürlichen Farbeindrucks er dem Betrachter erhalten möchte.

Einbruchhemmung

Nicht nur die Anzahl der Einbrüche, auch die Schäden, die durch Einbrüche entstehen, sind in den letzten Jahren geradezu explosionsartig gestiegen. Zahlreiche Einbrüche erfolgen über das Glas der Fenster und Türen.  Besonders gesicherte einbruchhemmende Fenster und Türen sorgen für mehr Sicherheit. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Fensterglas.

Floatglas ist ein sehr sprödes Material, das bei zunehmendem Druck zu spontaner Splitterung neigt. Durch thermische Behandlung erhält man Einscheibensicherheitsglas (ESG) welches erheblich biegebruchfester ist als herkömmliches Floatglas.

Für den Einsatz als durchwurf-, einbruch-, oder durchschusshemmende Verglasung ist ESG aber weniger geeignet, da es beim Bruch in kleinteilige Splitter zerfällt. Nachteilig ist, dass ESG keinerlei Resttragfähigkeit hat und es beim Bruch zum Verlust vom Raumabschluss kommt. Vorteilhaft ist nur die reduzierte Verletzungsgefahr.

Wesentlich geeigneter ist Verbundsicherheitsglas (VSG), bei dem 2 oder mehr Scheiben mit einer Polyvinylbutyral-Folie (PVB-Folie) in einem Autoklaven bei starkem Unterdruck und einer Temperatur von ca. 180 °C miteinander verbunden werden. Hier werden bei Bruch der Verglasung die Splitter an der Folie gehalten und der Raumabschluss bleibt erhalten. Mit zunehmender Foliendicke erreicht man einen stärkeren Verbund und damit ein höheres Sicherheitsniveau.

Prüfungen der hemmenden Eigenschaften und die Klassifizierung erfolgen nach DIN EN 356. Die Prüfmethodik sieht den Fall einer Kugel von 4,11 kg Gewicht aus unterschiedlichen Höhen vor, die unterschiedlich oft auf definierte Punkte einer VSG-Verglasung fällt. Durchschlägt die Kugel das VSG nicht, so ist die Prüfung je nach Prüfungsanordnung für die Klassen P1A bis P5A als durchwurfhemmend erreicht. Die nächsthöheren einbruchhemmenden Klassen P6B bis P8B werden einer Prüfung mit einer Axtschlagmaschine unterzogen. Hier wird mit einer Axt auf einen definierten Punkt bis zum Durchbruch geschlagen.

Darüber hinaus gibt es durchschusshemmende Verglasungen. Diese werden durch Beschuss mit unterschiedlichen Kalibern und Munitionsarten bestimmter Feuerwaffen geprüft. Es gibt Varianten bei denen sich noch kleine Splitter aus der Verglasung lösen können. Maximale Sicherheit erreicht man mit sogenannten nichtsplitternden Varianten. Hier bleibt die raumseitige Oberfläche vollkommen unverletzt. Je höher das Sicherheitsniveau eines VSG, desto schwerer wird allerdings die Verglasung.

Neuere Entwicklungen, die Folienanteile durch Polykarbonatplatten zu ersetzen, können das Gewicht erheblich reduzieren. Diese Verglasungen haben bislang aber nicht zuletzt aufgrund des höheren Preisniveaus nur geringe Bedeutung. Zum Nachweis der Sicherheitseigenschaften erfordern die Normen entsprechende Prüfungen, die von den Glasherstellern mit Prüfzeugnissen zugelassener Prüfinstitute nachgewiesen werden müssen.

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Fazit: Fensterglas sollte zum Bauwerk passen

In den vergangenen Jahren haben sich die technischen Möglichkeiten der Verglasungen erheblich erweitert. Gerade in Bezug auf den Einsatz in historischen und auch denkmalgeschützten Gebäuden sind diese Funktionen aber unter denkmalpflegerischen, konservatorischen und besonders auch ästhetischen Gesichtspunkten zu prüfen. Nicht alle technischen Möglichkeiten sind dem Denkmal und Altbaubestand dienlich und für diesen wünschenswert. Es wird empfohlen, in Abstimmung mit dem Bauherren fachkompetente Beratung dafür einzuholen, um einerseits alle technischen Möglichkeiten zum Erhalt und Schutz der überkommenden Bausubstanz zu nutzen. Andererseits sollte darauf geachtet werden, den Charakter der Gebäude im historischen Sinne behutsam zu bewahren und für die Zukunft zu sichern.

Über den Autor
Ivo-Andreas Piotrowicz

Ivo-Andreas Piotrowicz

Studium FH für Technik, Akademie des Handwerks Schloß Raesfeld: staatlich geprüfter Techniker für Baudenkmalpflege und Altbauerhaltung. Seit 1994 Produkt- und Projektmanager für PaXclassic GmbH. Organisation von Fachtagungen „Fenster im Baudenkmal“, Redaktion für die gleichnamige Buchreihe und Online-Fachportal „Fenster im Baudenkmal“. Bundesweite Beratungstätigkeit für Denkmalämter, Bauherren und Architekten.

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