Altehrwürdige Gebäude, in denen noch der gesamte Bestand an bauzeitlichen Fenstern vorhanden ist, sind leider sehr selten. Wenn überhaupt sind nur ein paar wenige Fenster historischen Ursprungs existent und ob diese wieder aufgearbeitet werden können ist vom Zustand und dem damit verbundenen Restaurierungsaufwand abhängig. In vielen Fällen sind gar keine bauzeitlichen Fenster mehr vorhanden, was bei nicht denkmalgeschützten Gebäuden oft dazu führt, dass unpassende moderne Fenster eingesetzt werden. Viel zu selten wird darüber nachgedacht, dass Fenster ein wichtiges gestalterisches Element an einer Fassade sind und sie deshalb in das Gesamtbild passen sollten.
Wie wurden Fenster früher gefertigt?
Fenster wurden bis Mitte des 20. Jahrhunderts in aufwendiger Handarbeit in kleinen Schreinereien gefertigt, die es damals noch in fast jedem Dorf gab. Das erklärt auch die regionale Vielfalt an Ausführungen historischer Fenster. Kein anderes Bauteil vereinte mehr Gewerke
und erforderte mehr Handwerkskunst als das Fenster: Tischler bzw. Schreiner, Schmied, Glaser und Maler waren beteiligt an der Entwicklung eines Fensters. Und an kaum einem anderen Bauteil lassen sich technische Entwicklungen sowie Gestaltungswille der jeweiligen Zeit besser ablesen. Die Entwicklung der Glasproduktion ist ebenso bemerkenswert wie die der Beschlagtechnik, hier vor allem in Bezug auf die künstlerische Qualität und Repräsentation im 17. und 18 Jahrhundert. Sehr bemerkenswert ist auch die beständige Weiterentwicklung der immer aufwendigeren Falzverbindungen (Quetschfalz/Klemmfalz) gegen Zugluft und zur Verbesserung von Schlagregendichtheit.
Wann ist der Nachbau historischer Fenster sinnvoll?
Gerade bei Gebäuden, bei denen noch einige bauzeitliche Fenster vorhanden sind und auch erhalten werden können, ist die detailgetreue Ergänzung die beste Lösung. Im Idealfall sind die historischen Elemente von den nachgebauten kaum zu unterscheiden. So wird ein stimmiges Gesamtbild der historischen Fassade gewahrt und künftigen Generationen zugänglich gemacht.
Aber auch bei altehrwürdigen Gebäuden ohne bauzeitlichen Fensterbestand ist der originalgetreue Nachbau von historischen Fenstern sehr sinnvoll. Was bei Gebäuden mit Denkmalschutz zur Pflicht gehört, empfiehlt sich auch für Häuser die kein Baudenkmal sind. Dabei sollten Eigentümer immer im Blick haben, dass Fenster nicht einfach nur ihren Zweck erfüllen sollen, sondern auch die Außenwirkung einer Fassade beeinflussen.
Wie lassen sich historische Fenster ohne Original-Vorlage nachbauen?
Sind keine bauzeitlichen Fenster mehr vorhanden, können alte Fotos als gute Vorlage für den Nachbau dienen. Quellen dafür sind die Nachbarschaft oder die Archive (Bau-, Stadt, historisches Archiv) der Gemeinden. Auch auf dem Dachboden sollte einmal nachgeschaut werden, denn oft finden sich dort noch bauzeitliche Originale. Gibt es weder Fotos noch Dachbodenfunde, kann der Nachbau der historischen Fenster anhand eventuell noch vorhandener Originalfenster in Nachbargebäuden erfolgen. Gerade in unbeheizten Räumen wie Treppenhäusern oder Dachböden können oft noch Originalfenster verbaut sein.
Anhand welcher Merkmale werden historische Fenster nachgebaut?
Größe und Bauart
Mit das wichtigste Merkmal für den Nachbau historischer Fenster ist die Größe der Original-Fenster. Da in den seltensten Fällen noch die originalen Baupläne der Fenster vorhanden sind, empfiehlt es sich die Öffnungen auszumessen. Für ein erstes Angebot von einem Handwerksbetrieb reicht es, wenn sie die Breite und Höhe des Fensters zunächst selbst messen. Die Bestimmung des genauen Produktionsmaßes der Nachbildungen sollte in jedem Fall von erfahrenem Fachpersonal durchgeführt werden, denn so liegt die Verantwortung für die passgenaue Fertigung beim Fachbetrieb und nicht beim Auftraggeber.
Auch die Bauart ist von großer Bedeutung. Das wird vor allem bei Rundbogenfenstern deutlich. Oftmals werden diese durch rechteckige Fensterelemente ersetzt, was an der Fassade schnell ins Auge fällt und störend wirken kann. Für die genaue Bestimmung der Bauart helfen Fotos von innen und außen im geöffneten und geschlossenen Zustand.
Natürlich ist auch zu prüfen, ob die alten Fenster ein- oder auswärts zu öffnen waren, wobei hier auswärts öffnende Wintervorfenster eine besondere Rolle einnehmen können.
Ansichtsbreiten
Damit ein nachgebautes Fenster sich wirklich kaum vom historischen Original unterscheidet ist es besonders wichtig die Ansichtsbreiten, also das Größenverhältnis von Stulp, Kämpfer, unterem Abschluss sowie Sprossen, Flügel- und Blendrahmen, der eventuell noch vorhandenen Vorlagen möglichst genau einzuhalten. Denkmalbehörden legen darauf besonderen Wert und machen oftmals exakte Vorgaben. Im Idealfall wird ein Profiltaster verwendet, um die Details der historischen Vorlage zu „begreifen“ und somit die Grundlage zur Rekonstruktion zu schaffen.
Binnengliederung
Ist das Fenster ein- oder zweiflügelig auszuführen? Ist ein Oberlicht vorgesehen? Wie viele Flügel soll das Oberlicht haben? Sind Sprossen in den Flügel zu berücksichtigen?
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Verglasung
Die Bestimmung einer authentischen Verglasung ist leider viel zu selten ein Thema beim Nachbau historischer Fenster. Obwohl das heute sehr weit verbreitete nahezu perfekte Floatglas erst in den 1960er Jahren auf den Markt kam, findet es sich mittlerweile auch in vielen denkmalgeschützten Gebäuden deutlich älteren Ursprungs. Dabei sind authentische Alternativen wie zum Beispiel das industriell gefertigte Restaurierungsglas (Fourcaultglas) des Herstellers Schott oder das handwerklich gefertigte, mundgeblasene Fensterglas der Glashütte Lamberts problemlos verfügbar.
Holzart
Von grosser Bedeutung ist die Holzart eines Fensters, da unterschiedliche Rohdichten und Resistenzklassen einen Unterschied bei der Haltbarkeit eines Fensters machen. Die ursprünglichen Holzarten aus heimischen Wäldern sind nicht mehr wie früher in nahezu unendlichen Mengen verfügbar. Manche Hölzer stammen heute aus Forstgebieten vom anderen Ende der Welt oder sind wie die Holzart Meranti unter äußerst fragwürdigen sozialen und ökologischen Umständen erwirtschaftet worden, was alles andere als nachhaltig ist. Auch im Denkmalschutz werden deshalb Alternativen wie das robuste spanische Fensterholz Eukalyptus Globulus in der Regel akzeptiert. Im Idealfall sollte das Holz aus einem zertifizierten Anbau stammen, dies belegen das FSC oder PEFC-Siegel.
Beschläge
Historische Beschläge wie Griffoliven, Stangengetriebe oder Blendrahmen über einen Streichdraht oder ein Streichblech festriegelt" >Vorreiber lassen sich heute in allen erdenklichen Formen und Ausprägungen nachbauen. Dabei werden auch heute noch Materialien wie Messing, Eisen oder Holz (für die Griffe) verwendet. Rekonstruierte historische Beschläge gibt es sowohl aus Serienproduktionen als auch als Sonderanfertigungen (z.B. Nachguß historischer Vorlagen).
Da von außen nicht sichtbar spielt die Authentizität von historischen Beschlägen bei denkmalgeschützten Gebäuden eine eher untergeordnete Rolle. Bei sehr bedeutenden Kulturdenkmälern stellen Denkmalbehörden genaue Anforderungen an die Ausführung der Beschläge.
In Einzelfällen lassen sich auch aufliegende, klassische Beschläge wie der Basquilleverschluß mit modernen verdeckt liegenden, einbruchhemmenden Beschlägen kombinieren, dies auch unter Einbindung von in den Beschlägen integrierter Alarmtechnik.
Wie können nachgebaute historische Fenster zu einem modernem Wohnkomfort beitragen?
Der Nachbau historischer Fenster orientiert sich in aller Regel an den bauzeitlichen Originalen. Diese stammen aus einer Zeit, in der Wohnkomfort noch ganz anders definiert wurde. Nur wenige Zimmer wurden im Winter beheizt, Straßenlärm durch hohes Verkehrsaufkommen gab es nicht und ein wirksamer elektronischer oder mechanischer Schutz gegen Einbrüche war noch nicht erfunden.
Moderne Fenster erfüllen heute all diese Komfortansprüche und so liegt es nahe, dass auch Nachbauten historischer Fenster entsprechend ausgestattet sein sollten.
Einbruchhemmung
Je nach Standort und Nutzung eines historischen Gebäudes sollten nachgebaute Fenster eine ausreichende mechanische Einbruchhemmung haben. Gewissheit über die Wirksamkeit der Einbruchhemmung erhalten EigentümerInnen dank der nach DIN 1627 definierten Widerstandsklassen. Die einzelnen Widerstandsklassen belegen, wie lange ein Element einem Einbruchversuch bei unterschiedlichen Herangehensweisen der Täter standhalten.
In unserem Artikel Denkmalgerechte Fenster mit Einbruchschutz erklären wir, wie sich eine effektive Einbruchhemmung beim Nachbau von historischen Fenstern umsetzen lässt.
Lärmschutz
Wissenschaftliche Studien belegen, dass Menschen, die dauerhaft einer hohen Lärmbelastung ausgesetzt sind, anfälliger für Krankheiten wie Depression, Schlafstörungen oder Herz-Kreislauferkrankungen sind. Abgesehen vom Risiko zu erkranken ist die Vermeidung von Lärm auch ein wichtiger Wohlfühlfaktor. Beim Nachbau historischer Fenster sollte deshalb auf eine ausreichende Lärmdämmung geachtet werden.
Technisch umgesetzt wird eine Lärmdämmung an Fenstern mit speziellen Schallschutz-Verglasungen. Eine ausgeklügelte Kombination aus unterschiedlichen Glasstärken, schallschluckenden Folien und Edelgasfüllungen im Scheibenzwischenraum dämmt den Großteil der Lärmemissionen. Im Zusammenspiel mit einem Fensterprofil mit mehreren Dichtungsebenen lassen sich Fenster fertigen, die den Anforderungen der hohen Schallschutzklasse 5 entsprechen. Sie dämmen bis zu 49 dB Lärm, was eine besonders hohe Lärmbelastung in der unmittelbaren Nähe von Flughäfen oder Autobahnen erträglicher macht.
Wärmedämmung
In Zeiten drastisch steigender Heizkosten und einer sich verschärfenden Klimakrise ist das Thema Wärmedämmung bei der Sanierung von Baudenkmälern oder anderen Altbauten auch weiterhin von großer Bedeutung. Fenster gelten dabei als eine der größten Schwachstellen. Das war nicht immer so, denn die früher verbauten einfachverglasten Fenster hatten eine wichtige Funktion. Sie garantierten auch im geschlossenen Zustand eine adäquate Belüftung der Räumlichkeiten und sorgten neben einer regelmäßigen Sauerstoffzufuhr auch für eine konstante Luftfeuchtigkeit im Raum. Schimmelprobleme waren selten, da dieser aufgrund der guten Belüftung gar nicht erst entstehen konnte.
Mit zunehmend verbesserter Wärmedämmung an Fenstern, die wie die Lärmdämmung ebenfalls zu größten Teil mit einer entsprechenden Verglasung erreicht werden kann, änderte sich das. Zwar sanken nachweislich die Heizkosten, jedoch mussten die Menschen erst lernen, wie wichtig im Winter regelmäßiges Lüften ist.
Beim Nachbau historischer Fenster empfiehlt es sich auch auf eine gute Wärmedämmung gemäß den aktuellen EnEV-Verordnungen zu achten. Diese fordert aktuell einen maximalen Wärmedurchgangskoeffizienten von 1,3 W/m²K. Allerdings steht hier immer die funktionierende Bauphysik im Vordergrund! Als Faustregel gilt, dass der Wärmedämmwert des Fensters nicht (viel) besser sein sollte, als der Wärmedämmwert der umgebenden Wände. Falls dies doch der Fall sein sollte, ist es umso wichtiger, auf eine regelmäßige, ausreichende und kontrollierte Lüftung zu achten.
Wie findet sich der richtige Fachbetrieb für den Nachbau historischer Fenster?
Einen geeigneten Fachbetrieb für den Nachbau von historischen Fenstern zu finden ist in vielen Regionen in Deutschland nicht leicht. Fenster-Fachbetriebe gibt es zwar in großer Zahl, aber nur die wenigsten haben schon Erfahrungen in der Denkmalpflege oder der Altbausanierung gesammelt. Deshalb hier einige Punkte auf die Sie bei der Suche nach einem geeigneten Fachbetrieb achten sollten
- Hat der Betrieb Erfahrungen im Denkmalschutz oder der Altbausanierung? Achten Sie auf Referenzen.
- Wird der Betrieb von anderen Kunden empfohlen? Schauen Sie auf Bewertungen bei Google und anderen Bewertungsportalen.
- Erkundigen Sie sich auch bei der zuständigen Denkmalbehörde. Manchmal können die Mitarbeiter auch geeignete Betriebe empfehlen.
- Mit welchem Hersteller für Holzfenster arbeitet der Betrieb zusammen? Hat der Hersteller Erfahrungen im Altbau- oder Denkmal-Bereich? Falls der Fachbetrieb die Fenster in der eigenen Werkstatt herstellt: Hat er für alle Fenster auch den gesetzlich erforderlichen CE-Nachweis?
- Zeigt der Betrieb von Anfang an Interesse an Ihrer Anfrage oder wird er zögerlich, sobald das Wort Altbau oder Denkmalschutz zur Sprache kommt?
- Achtet der Betrieb auf die historischen Proportionen und Zierprofilierungen der Fenster oder bietet er ein "Fenster von der Stange" an?
- Geht der Fachbetrieb auch auf Besonderheiten wie authentische Verglasung oder Beschlagtechnik ein?
- Versucht der Fachhändler an weitere Informationen wie bspw. alten Fotos zum Gebäude zu kommen?
- Ist der Betrieb auch in der Lage, auf die Besonderheiten der Montage und Abdichtung einzugehen? (z.B. Fachwerkhaus: Abdichtung u.a. mit Hanf anstatt Montagschaum)
Weitere wertvolle Tipps, wie Sie den richtigen Fachbetrieb für den Nachbau historischer Fenster finden können, erhalten Sie HIER.
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Oliver Koch-Kinne
War nach seinem Studium zum Betriebswirt (VWA) im On- und Offline-Marketing verschiedener Industrieunternehmen tätig. Ist seit 2019 Leiter des Online-Marketing-Teams bei PaX und lebt selbst in einem über 300 Jahre alten Baudenkmal. Kein Wunder, dass Ihn das Thema nicht loslässt.